Die Kläranlage Lingen

Die Kläranlage in Lingen behandelt derzeit circa 13.000 m³ Abwasser täglich. Sie hat 1952 ihren Betrieb aufgenommen und wurde insbesondere in den Jahren von  1999 - 2002 erweitert. Von 2010 - 2016 wurde im Rahmen eines Förderprojektes die Schlammbehandlung optimiert. Die Kläranlage ist für 195.000 Einwohnerwerte ausgebaut und zurzeit mit etwa 100.000 Einwohnerwerten belastet. 

Dieser Wert enthält angeschlossene Einwohner sowie entsprechend eingeleitetes Abwasser von Industrie- und Gewerbebetrieben. In der Kläranlage wird zusätzlich zum Lingener Abwasser seit 1999 das Abwasser aus der Gemeinde Wietmarschen/Lohne gereinigt.

Die Einwohnerwert - Belastung teilt sich etwa wie folgt auf:

  • Angeschlossene Einwohner:  64.000 EW
  • Industriebetriebe und sonstige Firmen:   36.000 EW 
Verfahrensfließbild der Kläranlage Lingen
Wave

Die Entwicklung der Kläranlage

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1952:

Inbetriebnahme eines Absetzbeckens zur mechanischen Reinigung mit darunter liegendem Schlammspeicher.

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1960

Erweiterung der Kläranlage Lingen um eine Tropfkörperanlage zur biologischen Reinigung des Abwassers.

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1969

Umbau und Erweiterung der Kläranlage: Bau eines Rechens und Vorklärbeckens zur besseren mechanischen Reinigung und einer 1-stufigen Belebungsanlage mit zwei Nachklärbecken.

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1984

Bau eines neuen Rechengebäudes mit Gegenstromrechen und nachfolgendem Sand- und Fettfang. Vergrößerung der Vorklärung. Ausbau der Kläranlage zu einer 2-stufigen Belebungsanlage mit größeren Belebungsbecken zum besseren Kohlenstoffabbau. Stickstoffentfernung (Nitrifikation/Denitrifikation) war nur zeitweise in geringen Maßen möglich.

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1989

Inbetriebnahme einer dritten Reinigungsstufe zur Entfernung von Phosphat (Dosierung von Eisenlösung).

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1999-2001

Von 1999-2001 wurde die Kläranlage Lingen von 8000 m³ Belebungsbeckenvolumen auf 28.000 m³ vergrößert. Durch die neue Anlage ist jetzt eine fast vollständige Stickstoffentfernung sowie eine teilweise biologische Phosphatentfernung möglich. Weiterhin wurde ein neues 3. Nachklärbecken und ein neuer Sand.- und Fettfang in Betrieb genommen.

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2002

Sanierung des Vorklärbeckens und Erneuerung der Abluftreinigungsanlage. Die Abluftreinigungsanlage besteht aus zwei Luftbefeuchtern und zwei Biofiltern mit einer Fläche von jeweils 180 m²

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2009-2010

Bau und Inbetriebnahme der neuen stationären Schlammentwässerung

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2012-2017

Durchführung des Förderprojektes (BMU-Umweltinnovationsprogramm) „Plus-Energie-Kläranlage Lingen mit P-Rückgewinnung“. Erstmalige Inbetriebnahme von Anlagenteilen zur „Thermische Faulschlamm-Desintegration“ und „Vakuumentgasung mit Phosphatfällung“ in Deutschland. Die Erneuerung und Optimierung der bisherigen Schlammbehandlung und weiterer zugehöriger Anlagenteile erfolgte in den Folgejahren.

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2022

Erstzertifizierung nach dem TSM-Standard (Technisches Sicherheitsmanagement) der DWA

So funktioniert die Kläranlage

Das in die Kläranlage Lingen geleitete Abwasser durchläuft unterschiedliche Reinigungsstufen, bevor es als geklärtes Wasser in die Ems fließt. Nachfolgend sind die wesentlichen Reinigungsprozesse dargestellt.

Weitergehende Informationen zur Kläranlage können über das Kontaktformular auf Wunsch zur Verfügung gestellt werden.

Abwasserreinigung im Detail

Mechanische Reinigung

Bevor das Abwasser in die mechanische Reinigung gelangt, kann es bei hohen Zulaufmengen wie beispielsweise Starkregenereignisse über das Rohabwasser-Abschlags-Pumpwerk in den Zulaufspitzen-Speicher gepumpt werden. Anschließend kann das Abwasser bei niedrigeren Zulaufmengen vom Speicher wieder zurück in den Zulauf der Kläranlage gefördert werden. 

Der Stufenrechen entfernt grobe Feststoffe als Rechengut, welches mittels Förderschnecke zum Rechengutwäscher gelangt. Dort werden organische Bestandteile mit Kläranlagenablaufwasser ausgewaschen und dem Abwasserstrom zugeleitet. Eine Schneckenpresse entwässert das Rechengut, welches in einem Sammelcontainer gelagert und später entsorgt wird. 

Anschließend durchfließt das Abwasser einen Sand- und Fettfang. In zwei parallelen Becken sedimentiert der Sand am Boden, der dann zu einem Sandwäscher gefördert wird, welcher organische Bestandteile entfernt. Dieser Sand wird in einem Container gesammelt und später abtransportiert um im Straßenbau oder bei Deponieanlagen verwertet zu werden. An der Oberfläche des Fettfangs wird das aufschwimmende Fett mit einem Schildräumer in Fettschächte geschoben und der Faulung zugeführt. 

Daraufhin fließt das Abwasser in ein 550 m³ großen Vorklärbecken. Die verringerte Fließgeschwindigkeit des Abwassers sorgt dafür, dass absetzbare Stoffe zu Boden sinken. Diese absetzbaren Stoffe werden als Primärschlamm bezeichnet und mittels eines Schubbodenräumers zu einem Trichter gefördert und im Wechsel den beiden Faultürmen zugeführt.

1. Rohabwasser-Abschlags-Pumpwerk

2. Zulaufspitzen-Speicher

3. Fäkalien Annahmestation

4. Rechengebäude

5. Sand- und Fettfang

6. Vorklärbecken

7. Zwischenpumpwerk

mechanische_reinigung_beschriftet
Biologische Reinigung

Nach der mechanischen Reinigung wird das Abwasser über das Zwischenpumpwerk in die biologische Reinigung gefördert. Diese Reinigungsstufe besteht aus zwei 1300 m³ großen Becken, die zur Stickstoff und Phosphatentfernung genutzt werden können, sowie aus zwei weiteren 8000 m³ großen Belebungsbecken in denen mit Hilfe von Mikroorganismen (Belebtschlamm) und Luftsauerstoff die gelösten Bestandteile des Abwassers nahezu vollständig abgebaut werden. 

Vom Ablauf der Belebungsanlage fließt das Belebtschlamm-Wasser-Gemisch in drei Nachklärbecken, wo die Trennung des gereinigten Wassers vom Schlamm stattfindet. Der abgesetzte Schlamm wird zum großen Teil als Rücklaufschlamm zurück in die biologische Reinigung und zum kleinen Teil als Überschussschlamm in die Faultürme gefördert. Das gereinigte Abwasser fließt von den Nachklärbecken über eine etwa 1 km lange Rohrleitung in die Ems.

8.Belebungsbecken, Bio-P-Becken

9. Belebungsbecken

10. Gebläsestation

11. Nachklärbecken

12. Rücklaufschlamm-Pumpwerk

biologische_reinigung_beschriftet
Chemische Reinigung

Zur nachfolgenden chemischen Reinigung gehört die Entfernung der verbliebenen gelösten Phosphate aus dem Abwasser mittels einer Eisenlösung, die in den Ablauf der Belebungsbecken dosiert wird. 

Die Kohlenstoffdosierstation ermöglicht eine dauerhaft sichere Abwasserreinigung, indem Substrat-Produkte in die Belebungsbecken zum besseren Stickstoffabbau zudosiert werden.

13. Kohlenstoffdosierstation

14. Fällmitteldosierstation

chemische_reinigung_beschriftet
Schlammbehandlung

Der bei der Abwasserreinigung anfallende Primär- und Überschussschlamm wird in die beiden Faultürme der Kläranlage gepumpt. In den Faultürmen bildet sich unter Ausschluss von Luft bei Temperaturen um 39°C Faulgas, das zunächst zwei Klärgasreinigungsanlagen durchströmt und anschließend in Blockheizkraftwerken zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt wird. Durch die Thermische Faulschlamm-Desintegrationsanlage aus dem Förderprojekt konnte der Klärgasanfall deutlich gesteigert werden. Ein Großteil der Abwärme wird seit 2014 über eine Fernwärmeleitung einem nahegelegenen Wohnpark und einem Freizeitbad zur Verfügung gestellt. Der abgebaute Schlamm aus den Faultürmen wird zur Schlammentwässerung gefördert und dort auf etwa 30% Trockenrückstand entwässert und in Kohlekraftwerken thermisch verwertet.

15. Faultürme

16. Thermische Faulschlamm-Desintegration (LYSOTHERM®)

17. Vakuumentgasung mit MAP-Fällung (ELOVAC®)

18. Speicherkomplex

19. Schlammentwässerung

20. Biologische Klärgas-Entschwefelung

21. Klärgasspeicher

22. Aktivkohle-Klärgasreinigungsanlage

23. Blockheizkraftwerke 

schlammbehandlung_beschriftet
Abluftbehandlung

Die Abluft von verschiedenen Anlagenteilen der Kläranlage wird über zwei Gebläse abgesaugt und anschließend mit Wasser befeuchtet. Danach durchdringt die Abluft das Biofiltermaterial und wird somit gereinigt.

24. Biofilter-Abluftbehandlung

abluftbehandlung_beschriftet
Betriebsgebäude

Im Betriebsgebäude befinden sich die Mess- und Schaltwarte, Büroarbeitsplätze, Laboratorien sowie Besprechungs-, Aufenthalts und Sanitärräume.

Die modern ausgestatteten Werkstätten bieten den elektrischen und mechanischen Fachkräften der Stadtentwässerung optimale Bedingungen zu Instandhaltungsarbeiten an den unterschiedlichen Aggregaten der Kläranlage und der Pumpwerke im Lingener Stadtgebiet.

25. Betriebsgebäude

26. Werkstätten

betriebsgebäude_beschriftet

Gewässerschutz

Der Gewässerschutz hat bei der Abwasserreinigung oberste Priorität. Daher analysiert das Laborpersonal der Kläranlage täglich die Parameter des Abwassers an wichtigen Stellen des Reinigungsprozesses sowie Abwasserproben diverser Einleiter (Indirekteinleiterkontrolle).